Auf der langsamen Suche nach der Vereinfachung des Lebens.
Günter Mayer leitete seit 1999 die Galerie der Stadt Wels und seit 2003 das Medien Kultur Haus. Nun verabschiedete er sich in ein neues Betätigungsfeld. Boris Schuld sagt Danke, stellvertretend für das MKH Team!
Auf der langsamen Suche nach der Vereinfachung des Lebens
(Oder was man im Leben wirklich braucht)
Unterbreitet man Günter eine Idee, kommen fünf Ideen zurück. Nicht immer ist das hilfreich, oft verfehlen diese auch das eigentliche Thema und manchmal ist es auch zum Verzweifeln: Man will nur schnell eine Rückmeldung für ein Vorhaben und kommt am Ende des Gesprächs mit einem gänzlich anderen Projekt wieder raus. Ob diese Ideen überhaupt umsetzbar sind, interessiert ihn zunächst mal gar nicht. Irgendwie wird das schon was, irgendwie ist es sich immer ausgegangen, doch es ist immer ein Gedanke dabei, auf den man Aufbauen kann. Oft sind seine Ergänzungen genau das, was den Unterschied ausmacht, eine Sache spannend werden lässt und ein Projekt oder eine Ausstellung aus der Mittelmäßigkeit heraushebt.
Die Exkursionen zu anderen Kultureinrichtungen, das Sammeln neuer Eindrücke, um daraus neue Ideen zu gewinnen, sind zentrale Aspekte seiner Arbeitsweise. Provinzialität in Ausstellungen kommentiert er mit beißender Kritik. Sein Anspruch an seine eigene kuratorische Arbeit war stets Ausstellungen zu schaffen, die sich auch in den Großstädten nicht verstecken müssen. Auch unser Kulturzentrum dachte er immer weiter: Günter brachte das Medien Kultur Haus ins Spiel als neuen Standort für das Programmkino und ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass das Kino und die Gastronomie hier im Haus ihren Platz gefunden haben.
Antithese zum Kunst-Zampano
Bei seinen sehr sympathischen und manchmal etwas chaotisch wirkenden Eröffnungsreden der Ausstellungen, prahlt er nie mit seinem kuratorischen und kunsthistorischen Wissen. Man gewinnt fast den Eindruck, dass er seine Expertise und seine profunden Kenntnisse hinter einfachen Worten und einer schusseligen Art verbergen möchte. Zuschreibungen wie Kurator oder Intendant lehnt er ebenso ab, wie Distinktion durch Namedropping, die Verwendung des gängigen Sprachduktus der Kunstszene und kleinbürgerliches Kulturstrebertum. Bei so manchen Kunstkritiken und Ausstellungstexten schlug seine ruhige und zurückhaltende Art schnell in Sarkasmus um.
Vor einigen Jahren besuchte das MKH-Team die Londoner Tate Gallery of Modern Art und plötzlich hat er richtig Lust bekommen über Kunst zu sprechen. Raum für Raum ginge er mit uns durch, kannte nahezu alle ausgestellten Werke und konnte sie auf eine spannende, unprätentiöse Weise miteinander verbinden und anschaulich die Zusammenhänge der Ausstellungen erklären. Wir waren beeindruckt.
Raum für das Team
Günter ließ uns, seinen Mitarbeiter:innen, immer Platz und Gestaltungsspielraum. Auch bei den öffentlichen Auftritten stellte er immer die Arbeit der Künstler:innen und das Team in den Vordergrund. Er gab Kommentare ab, ließ uns jedoch immer in Ruhe arbeiten und übertrug Verantwortung. Eine gute Atmosphäre und eine offene Gesprächskultur waren ihm wichtig und wurden von ihm vorgelebt. In seiner etwas phlegmatischen Art versuchte er die unterschiedlichen Interessen im Haus diplomatisch zu lösen, wurde auch in hitzigen Diskussionen nie übergriffig und beruhigte geschickt aufgebrachte Gemüter. Jetzt wo ich darüber nachdenke, fällt mir auf, dass ich Günter nicht einmal richtig grantig erlebt habe.
Günter und ich arbeiten seit 16 Jahren zusammen. Wir haben Tage und Nächte lang über Projekte diskutiert, gemeinsam Ausstellungen besucht, Ideen entworfen, Ideen verworfen, über Details gestritten und auch viel Spaß und kindliche Freude daran gehabt. Der Umgang war dabei selbst bei Differenzen immer respektvoll, freundschaftlich und ziemlich oft sehr lustig.
Ich habe vieles von ihm gelernt und eines ist mir besonders hängen geblieben:
Eine gesunde Distanz zur Arbeit. Wir arbeiten im MKH mit Herzblut, aber unser Leben und unsere Persönlichkeit hängen nicht davon ab.
Ohne große Gesten hat er die Leitung der Galerie und des Hauses zurückgelegt. Er hat uns eindringlich darum gebeten, dass wir keine Aktionen rund um seinen Abschied durchführen. Stattdessen möchte er uns zum Grillen zu sich nach Hause einladen.
Vielen Dank Günter! Ich wünsche nur das Beste für die Zukunft und freue mich auf weitere Gespräche, neue Ideen und auf deine neuen Bücher.
Boris Schuld (Stellvertretend für das MKH Team)